Daniel Zadra will Asylpolitik ohne parteipolitisches Hickhack.

Bregenz – Daniel Zadra wollte sich nicht länger ärgern. Als sozial engagierter Mensch, bei der Caritas zuständig für die Koordination von internationalen Freiwilligeneinsätzen, fühlte er "die Schere zwischen meiner Realität und dem politischen System" immer größer werden. "Ich habe mich wahnsinnig über gewisse Zustände, beispielsweise in der Asylpolitik, aufgeregt", erzählt der 30-Jährige. "Da habe ich dann beschlossen, politisch aktiv zu werden. Nicht mehr länger nur zu schimpfen, sondern was zu tun."

Zadra hat in Wien und Prag Rechts- und Politikwissenschaften studiert, in Costa Rica nachhaltige Entwicklung. Mit Zusatzausbildungen in Sozial- und Programmmanagement ergänzte er seine Erfahrungen aus zahlreichen Auslandsaufenthalten. "Eigentlich wäre ich ja gerne Richter geworden, vielleicht auch Staatsanwalt, spezialisiert auf Wirtschaftsdelikte." Die Juristenkarriere endete mit dem Gerichtsjahr. "Dieses starre System ist nichts für mich."

Politischer Senkrechtstart

Zadra ging zur Caritas, engagierte sich bei der Auslandshilfe. Seit er vergangenen Oktober für die Grünen ein Landtagsmandat übernahm, arbeitet er Teilzeit, um genug Kapazitäten für die politische Arbeit zu haben.Was motiviert einen zornigen jungen Mann, den Schritt vom Schimpfen zum politischen Tun zu machen? "Ich habe in meiner Heimatgemeinde Lustenau gesehen, wie sich Christine Bösch-Vetter, sie ist in meinem Alter, als Gemeindepolitikerin engagiert hat. Das hat mir imponiert."

Die Landes-Grünen, alle schon leicht ergraut, wurden auf den jungen Mann aufmerksam, setzten ihn ohne politische Vordienstzeiten für die Landtagswahl im September 2014 auf einen wählbaren Listenplatz. Für einen Newcomer ungewöhnlich bekam er im neuen Landtagsklub gleich die schwierigen, aber öffentlichkeitswirksamen Themen Bildung und Asyl umgehängt.

Daniels feines Gespür

Als Bildungssprecher hat er die delikate Aufgabe, zwischen schwarz-grüner Landesregierung, die sich zu einer umfassenden Bildungsreform bekennt, aber durch schwarze Parteiräson gebremst wird und grünen Vorpreschern auszugleichen. Dabei hilft ihm, lobt Parteichef Johannes Rauch, "ein Grundtalent, das wenige haben: ein sehr feines Gespür für Zusammenhänge und hohe Sozialkompetenz". Zadra wisse, wo man den Hebel ansetzen müsse, um mit beschränkten Kräften etwas in Bewegung zu setzen.

Mittelfristig sieht Rauch seinen politischen Ziehsohn "in einer wichtigen Funktion auf Landes- oder Bundesebene". Parteiintern wird Zadra als logischer Nachfolger von Johannes Rauch (56) gehandelt, dazwischen wäre ein Abstecher ins Parlament möglich.

Asylpolitik der Haxlsteller

Was in fünf oder zehn Jahren sein wird, ist für Daniel Zadra völlig offen. Er lebt im Jetzt. Die Gegenwart gelte es zu gestalten, vor allem für jene, "die in unser Land kommen und Hilfe suchen". Die Asylpolitik der Bundesregierung löst bei Zadra Wut aus: "Da muss ich den Fernseher abschalten, dieses parteipolitische Hickhack halte ich nicht aus: Mikl-Leitner gegen Faymann, die Länder gegen den Bund. Na, habe die Ehre!"

Die Landesregierung sollte der Bundesregierung zeigen, dass es anders geht: "Ihr seid in einer Koalition, wir sind in einer Koalition. Wir gehen es gemeinsam an, ihr stellt euch gegenseitig das Haxl." Zadra: "Die Leute wollen keine Politiker, die ihnen ständig vorführen, dass sie mit den Flüchtlingsströmen überfordert sind. Sie wollen klare Signale." Nämlich: "Wir schaffen es gemeinsam."

Offenheit gegenüber Flüchtlingen zeigen

Seine Heimatgemeinde Lustenau sei ein gutes Beispiel dafür, sagt der Gemeindevertreter. Lange wurde gezögert, Flüchtlinge aufzunehmen. Jetzt entwickelt die Gemeinde gemeinsam mit allen wichtigen Playern ein Konzept zur langfristigen Integration. Zadra: "Wir dürfen Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Die sogenannten Gastarbeiter hat man sich selbst überlassen, nicht gesehen, dass Menschen mit vielfältigen Bedürfnissen gekommen sind." Die syrischen Flüchtlinge bräuchten nicht nur menschenwürdige Unterkünfte, "wir müssen ihnen Vertrauen, Offenheit entgegenbringen".

Gleichbehandlung als Männersache

Ein wenig vermisst Zadra die Offenheit auch, wenn es um einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit geht: die Gleichbehandlung. Parteiintern kam Kritik aus Wien, dass dieser Bereich einem Mann überlassen wird. Von konservativer Seite kommt Häme. So wurde Zadras jüngster politischer Vorstoß für die Gleichbehandlung von Fußballerinnen als "bizarr" und überflüssig bezeichnet. (Jutta Berger, 17.7.2015)