Zum Inhalt springen

Abschlussarbeiten in einem Satz "Ein Sack Nutzhanf macht nicht breit"

Abschlussarbeiten haben oft pompöse Titel, doch es geht auch einfach: "Goethe mochte Italien", "Elektroautos sind zum Fahren da" - unsere Leser erklären ihre Forschungsergebnisse in einem Satz.

Manche Abschlussarbeit soll beeindrucken. Deshalb schreiben die Autoren dann ellenlange Sätze, nutzen viele Fremdwörter und Wissenschaftsfloskeln. Oder aber ihnen wird die Arbeit vom Professor aufgedrückt, weil ihn das Thema fasziniert. Möglich auch, dass der Student nur irgendwie zum Abschluss will und sich das nächstbeste Thema greift, das bei einem unaufmerksamen Dozenten auch noch durchgeht.

Klar, es gibt ernstes Forscherinteresse. Aber eben auch jede Menge Protz-, Pflicht- und Verlegenheitsarbeiten. Bringt man das Ergebnis akademischer Schreibkunst dann auf einen Satz, kann das sehr lustig werden - und oft schmerzhaft banal.

Inspiriert vom Blog der Studentin Angela Frankel hatte SPIEGEL ONLINE die Leser gebeten, ihre eigene Abschlussarbeit knappstmöglich zusammenzufassen. Hier lesen Sie unsere Auswahl der schönsten Ein-Satz-Forschungsarbeiten aus Kunst und Technik, aus Natur und Politik.

Außerdem erklären drei Leser, warum sie auf ihre Abschlussarbeit stolz sind - auch wenn sich ihre Zusammenfassung nicht unbedingt so liest.

Foto: Privat

Iris Gutiérrez, 30, ist Unternehmensberaterin und schrieb 2013 ihre Doktorarbeit in Biologie an der Uni Konstanz. Worüber, erklärt sie hier:

"Ich habe mich in meiner Doktorarbeit mit der Frage beschäftigt, wie giftig Feinstaub ist. Der Rahmen für diese Arbeit war von meinem Professor vorgegeben, das Thema habe ich selbst ausgesucht. Insgesamt habe ich 120 Seiten auf Englisch geschrieben, die Arbeit hatte einen großen praktischen Teil: Ich habe mir Bakterien von einem Forschungszentrum schicken lassen und beobachtet, wie sie auf Feinstaub reagieren.

Leider ist ziemlich wenig passiert. Das ist ein bisschen ärgerlich, weil man sich als Wissenschaftler schon freut, wenn etwas giftig ist. So ein Experiment ist sehr aufwendig und kann dauern. Wenn dann was reagiert, hat es sich wenigstens gelohnt.

Sinnvoll war meine Arbeit trotzdem, man müsste jetzt nur auf meinen Ergebnissen aufbauen und weiterforschen. Das Ergebnis meiner Abschlussarbeit kenne ich noch nicht. Ich werde sie demnächst verteidigen müssen."

Foto: Privat

Michael Vogel-Kellner, 54, ist Geschäftsführer der Semper Akademie GmbH. 1988 schrieb er seine Diplomarbeit in Betriebspädagogik. Es ging um Gebrauchsanleitungen. Wie kommt man darauf, Herr Vogel-Kellner?

"Diese Arbeit war schon mein zweiter Uni-Abschluss. Drei Jahre zuvor hatte ich eine Diplomarbeit in BWL geschrieben. Es ging um einen Supermarkt und die Frage, warum Kunden dort einkaufen. Danach wurde in Baden-Württemberg ein neuer Studiengang für Personalentwickler gegründet. Das wollte ich unbedingt studieren.

Mein Professor sagte mir damals: Bei der Wissenschaft geht es um die Methodik. Es gibt nichts, was man nicht analysieren kann. Ich bin dann irgendwie auf Gebrauchsanleitungen gekommen. Nicht jeder liest Bücher, aber eine Anleitung haben alle zu Hause. Es ist vielleicht das meistverbreitete Druckerzeugnis der Welt.

Die Erkenntnis mag zusammengefasst simpel klingen, aber ich konnte mich für das Thema richtig begeistern. Noch heute habe ich das Gefühl, dass mir das systematische Vorgehen aus dieser Zeit hilft. Jahre später habe ich sogar jemanden getroffen, der eine Doktorarbeit zu diesem Thema geschrieben hat. Die Arbeit über den Supermarkt würde ich so nicht mehr abgeben. Mit der Anleitung für Gebrauchsanleitungen kann ich noch immer sehr zufrieden sein."

Foto: Privat

Tobias Heymann, 28, schrieb 2013 an der Uni Bonn seine Master-Arbeit über instabile autoritäre Regime. Sein Fazit: Mubarak war mit schuldig an seinem Sturz. Wie kam es dazu, Herr Heymann?

"Ich habe mir mit der Aufgabe 'Autoritäre Regime' nicht unbedingt ein Thema ausgesucht, was sich besonders lustig anhört, wenn man es in einem Satz zusammenfasst. Dafür hat mich die Arbeit wirklich interessiert.

In meinem Studium habe ich mich kaum mit Autokratien beschäftigt, und so war es für mich ein neues Themenfeld. Sechs Monate habe ich an den 110 Seiten gesessen und dabei eine Menge gelernt: Warum Autokratien existieren, obwohl es so viele Mängel gibt.

Als Ergebnis kann ich sagen: Genauso, wie es viele Faktoren braucht, damit so ein System besteht, braucht es auch viele Faktoren, damit es fällt. Bei Mubarak war der Hauptgrund, dass er es sich mit dem Militär verscherzt hat. Er wollte seinen Sohn mit einem hohen Amt betrauen und hat gleichzeitig die Mittel gekürzt. Der Jugend fehlten Perspektiven, auch das sorgte für viel Ärger. Und er hat die Macht der Medien und des Internets unterschätzt."